VBZV-Newsletter 34/2022

 

 

I. Medienpolitik

Zeitungen im Existenzkampf: Mehr politische Rückendeckung gegenüber den konkurrierenden Digitalkonzernen gefordert

Valdo Lehari jr., Vorsitzender des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) und Verleger des Reutlinger General-Anzeigers, hat mehr politische Rückendeckung für Zeitungen im Konkurrenzkampf gegen Digitalkonzerne gefordert. „Wir haben im Grunde genommen eine Dominanz der Algorithmen und der großen Megaplattformen und Technologiekonzerne, die in zehn Jahren nahezu alle Medien weggefressen haben werden und alles dominieren“, sagte er bei einer von der SPD-Fraktion initiierten Diskussion im Stuttgarter Landtag.

„Medienpolitik muss Chefsache werden in den Parteien und Regierungen“, sagte Lehari jr. Man rufe nicht nach Subventionen, aber nach Unterstützung, um etwa die Zeitungszustellung zu gewährleisten. „Die Rahmenbedingungen für uns sind grauenhaft schlecht.“ Die Medien wollten schlicht ihre Arbeit machen, die Politik müsse die Rahmenbedingungen schaffen – und die Digitalkonzerne kartellrechtlich einhegen. Google habe „keinen einzigen Redakteur eingestellt“ und weigere sich, „das Leistungsschutzrecht zu akzeptieren und den entsprechenden Betrag zu zahlen“. „Wo ist da der Aufschrei in der Politik?“

Die Medien stünden vor der „Existenzfrage“. Die Papierpreise seien um 168 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Gleichzeitig gebe es in der Bevölkerung eine unglaubliche Nachfrage nach glaubwürdiger Information. Das Glas sei deshalb nicht halb leer, sondern halb voll.

Lehari ist nicht nur Vorsitzender des VSZV, sondern darüber hinaus auch Vizepräsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie Präsident des europäischen Verlegerverbands ENPA.

(Quelle: faz.net, 18.10.2022)

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„Newszone“: Juristischer Streit um SWR-App zieht sich

Der juristische Streit um die App „Newszone“ des Südwestrundfunks (SWR) zieht sich länger hin. Ein Sprecher des Landgerichts Stuttgart sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass ein für Montag (17. Oktober) geplanter Entscheidungstermin abgesagt worden sei. Es werde einen neuen Verhandlungstermin geben. Weiter hieß es, offensichtlich gebe es noch Beratungsbedarf mit den Parteien.

Bei dem Streit geht es um die App „Newszone” des öffentlich-rechtlichen SWR-Programms „Das Ding”. Das Nachrichtenangebot des ARD-Senders richtet sich vor allem an jüngere Leute. Geklagt haben 16 Zeitungsverlage im Südwesten. Im Kern geht es um die Frage, ob die App zu textlastig gestaltet ist. Die Verlage beziehen sich auf den Medienstaatsvertrag, der eine presseähnliche Gestaltung öffentlich-rechtliche Telemedien verbietet. Damit mehren sich wieder Streitfälle zwischen Zeitungshäusern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland um dessen Online-Angebote.

(Quelle: Main-Post.de, 13.10.2022; sueddeutsche.de, 13.10.2022)

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Gemeinsame Schlichtungsstelle von ARD und BDZV will Einigung über konkrete Handlungsfelder erzielen und eine Fortsetzung der Gespräche noch in diesem Jahr

In dem von der Mediengruppe Magdeburg, Funke Medien Thüringen sowie der Bremer Tageszeitungen AG und der Nordseezeitung GmbH einberufenen Schlichtungsverfahren fand am Freitag, 14.10.2022, in Berlin ein konstruktives Gespräch zwischen Vertreter:innen der angerufenen Schlichtungsstelle statt.

Zu den Gegenständen dieses Verfahrens, dem Telemedienangebot des MDR und dem Telemedienangebot butenunbinnen.de, wurde festgehalten, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen zum Verbot der Presseähnlichkeit bestehen. 
Dennoch gab es die Bereitschaft, über grundsätzliche Handlungsfelder Einigkeit zu erzielen. Innerhalb der jeweiligen Institutionen von ARD und BDZV soll über folgende vier Punkte gesprochen werden:

  • Bei Übernahme von Themen aus Zeitungsangeboten Quellenangabe/Verlinkungsmöglichkeit
  • Optimierung der audiovisuellen Darstellungsformen
  • Sicherstellung des Sendungsbezugs
  • Erfolgskriterien/Zielbild für Online-Angebote zur Stärkung audiovisueller Angebote

Außerdem einigten sich die Teilnehmenden der Schlichtungsstelle, dass diese vier Handlungsfelder noch in diesem Jahr auf ihre Machbarkeit überprüft und zu einer Einigung geführt werden sollen. Die Gespräche dazu werden zwischen ARD und BDZV außerhalb des Schlichtungsverfahrens fortgeführt. Schließlich ist vereinbart worden, den Austausch in einem regelmäßigen Gespräch mindestens einmal pro Jahr fortzusetzen.

Die Möglichkeit einer Schlichtung in Streitfällen zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Verlagen ist 2018 in den Medienstaatsvertrag aufgenommen worden. Die gemeinsame Schlichtungsstelle zwischen ARD und BDZV hat nun erstmals am 14.10.2022 getagt. Sie ist laut Vereinbarung paritätisch besetzt und besteht aus Vertretern von BDZV und ARD mit folgenden Funktionen: Präsident und Vizepräsident des BDZV, ein Mitglied der Geschäftsleitung des jeweils betroffenen Verlages, sowie ARD-Vorsitzender, stellvertretender ARD-Vorsitzender und Intendant der jeweiligen Rundfunkanstalt, deren Angebot betroffen ist.

(Quelle: bdzv.de, 14.10.2022)

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II. Medientage München 2022

 

„More relevant than ever”

Dr. Markus Söder, Bayerns Ministerpräsident, hob zum Auftakt der diesjährigen Medientage, die nach drei Jahren ins ICM der Messe München zurückgekehrt sind, die Ambivalenz der Mediensituation hervor. Noch nie habe es so hochentwickelte Medien gegeben und zugleich so viele Verschwörungstheorien und Desinformation. Söder: „Wer kann etwas dagegensetzen? Das Wort Relevanz ist elementar!“ Es brauche Koordinaten, die vermitteln, was Realität sei – und nicht nur Schein, appellierte der CSU-Politiker an die anwesende Medienbranche.

Söder warnte vor der Wirkmacht von Hassrede: „Aus bösen Worten können böse Taten werden.“ Medien und Politik seien „keine Kumpels“, stünden aber gemeinsam in der Verantwortung für Menschen und  Demokratie. Zu glaubwürdiger Medienarbeit als Gegenpol zu diesen Entwicklungen gehöre die richtige Balance aus Haltung und Handwerk. 

Auch hänge die Glaubwürdigkeit von Journalismus davon ab, ob sich die Branche an die eigene Moral halte. Geschehe dies nicht, drohe ein Vertrauensverlust wie im Fall des öffentlich-rechtlichen RBB. Markus Söder forderte in diesem Zusammenhang mehr Transparenz der Rundfunkanstalten in Bezug auf Gehälter, Vergünstigungen und Nebentätigkeiten ihrer verantwortlichen Akteure.

Bayerns Landeschef betonte bei den Medientagen, die Zeiten eines strikten Antagonismus zwischen öffentlich-rechtlichem und privatwirtschaftlichem Rundfunk seien vorbei. Es gehe heute um andere Herausforderungen. 

(Quelle: Medientage, 18.10.2022)

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Hausaufgaben für die Zeitungsbranche
BDZV und VBZV mit gemeinsamem Panel bei den Medientagen München

„Machen Sie Ihre Hausaufgaben.“ Diese freundliche Aufforderung von Dr. Dirk Johannsen, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Katzengruber, hätte als Motto über dem Panel stehen können, zu dem unser Verband gemeinsam mit unserem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) anlässlich der Medientage München 2022 eingeladen haben. Denn hinter dem eigentlichen Titel „Keine gewöhnliche Branche, keine gewöhnlichen Jobs: Arbeiten in der Medienbranche“ verbirgt sich eine immer drängendere Frage: Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen wir? Wo finden wir sie und wie können wir sie halten?

„Wir erwarten einen Vertrauensvorschuss in unsere Leistung“, formulierte etwa Helen Krueger-Janson, Studierende in der 60. Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule (DJS) München, selbstbewusst eine ihrer Forderungen an Arbeitgeber aus der Medienbranche. Damit dürfte sie gerade auch den vielen jungen Leuten im Publikum aus dem Herzen gesprochen haben. Ebenso mit ihrem Wunsch nach größerer Flexibilität in den Redaktionen, sei es bei der Wahl zwischen Home-Office und Büro oder bei der Wochen-Stundenzahl. Die Branche müsse sich, so Krueger-Janson, darauf einrichten, dass künftige Mitarbeiter „nicht mehr in die Pass-Schablonen der Stellenausschreibungen passen“.

Christoph Linne, Chefredakteur Nordsee-Zeitung“, beklagte, dass die Zeitungen sich über Jahre schlechter gemacht hätten, als sie sind. „Wir haben uns stark mit uns selbst beschäftigt und nicht mit dem Markt draußen.“ Mittlerweile herrsche branchenübergreifend ein Kampf um die besten Köpfe. Immer öfter sei die Sinnfrage Thema in den Bewerbungsgesprächen. „Unsere Arbeit muss Sinn stiften. Wir müssen einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen, die heute in der Krise sind, kluge Entscheidungen für ihr Leben treffen.“

Bei der Frage nach dem Image von Zeitungsunternehmen hakte auch Henriette Löwisch, Leiterin und Geschäftsführerin der Deutschen Journalistenschule, ein. Die wenigsten ihrer Absolventinnen und Absolventen interessierten sich für regionale Zeitungen. Wertschätzung bedeute auch „Investieren“, machte Löwisch deutlich. Die DJS habe mit mittlerweile acht Zeitungshäusern gemeinsame Regional-Fellowships eingeführt: Hier könnten DJS-Studierende „drei Monate ein eigenes Projekt zu einem anständigen Volontärsgehalt“ verfolgen. „Der Aufwand ist überschaubar, der Return wirklich hoch, das können die Häuser aufzeigen“, erklärte die Schulleiterin stolz. Jetzt müsse die Branche noch lernen, solche Erfolge auch offensiv zu bewerben.

„Wertschätzung“ war ein Stichwort ebenso für Jürgen Baldewein, Geschäftsführer Süddeutsche Zeitung Logistik GmbH. Zusteller etwa würden auf allen Kanälen händeringend gesucht. „Das Schlimmste ist, wenn morgens die Zeitung nicht im Briefkasten ist, das ist ein hoch emotionales Thema.“ Wenn sich ein Bewerber melde, erhalte er binnen 24 Stunden eine Antwort, versichert der Manager. Er stehe vor der Herausforderung, dass er seine Leute, die in den frühen Morgenstunden die Zeitung austragen, eigentlich nie zu Gesicht bekomme. Auch hier helfe die Digitalisierung: „Wir haben eine App für unsere Zusteller im Roll-Out. Damit gibt es schnelles Feedback in beide Richtungen“ und in der Folge eine stärkere Bindung ans Unternehmen. 

Einig waren sich die Teilnehmer der von Florian Wende, Stellvertretender Leiter der Redaktion Freistunde bei der Mediengruppe Attenkofer, moderierten Talkrunde, dass es viele Möglichkeiten gibt, eine Branche, die so wichtig für die Demokratie ist wie die Zeitungen, im Bereich Human Resources zu stärken. Branchenberater Johannsen etwa rief zu Kundenorientierung statt Produktorientierung auf, empfahl Coaching neuer Mitarbeiter und Mentoring durch Führungskräfte. Sein Credo: „Ihre Mitarbeiter sind Ihre Jobbotschafter.“ Helen Krueger-Janson analysierte, dass es in den Redaktionen im Vergleich mit anderen Branchen weniger Frauen in Führungspositionen, weniger diverse Mitarbeiter und weniger LGBTQ-Personen gebe. „Das sollte sich ändern.“  Schulleiterin Henriette Löwisch formulierte es so: „Wer als Zeitung gute Mitarbeiter für diesen unglaublich anspruchsvollen Beruf bekommen will, muss ein klares Versprechen machen - dass sie die Digitalisierung durch Qualitätsjournalismus gewinnen will." 

(Quelle: BDZV, 19.10.2022)

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III. Auszeichnungen

 

„Handy-Jahre einer Kanzlerin“ mit dem Medienpreis des deutschen Bundestags prämiert

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat den Medienpreis Parlament 2022 des Deutschen Bundestages an Karoline Meta Beisel, Constanze von Bullion, Lara Fritzsche und Nicola Meier verliehen. Die Journalistinnen wurden für ihren neunseitigen Beitrag „Handy-Jahre einer Kanzlerin“ ausgezeichnet. In dem am 3. September 2021 im Süddeutsche Zeitung Magazin erschienenen Text analysieren die Autorinnen, wie Angela Merkel in den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft das Handy als Machtmittel eingesetzt hat.

Die Vorsitzende der Jury des Medienpreises, Prof. Claudia Nothelle, bezeichnete in ihrer Laudatio das Stück als Meisterleistung, das die Jury durch seine Sprache und die Idee überzeugt habe: „Der Artikel setzt an bei der Neugierde der Leserschaft, die wahrscheinlich zu gern mal der Kanzlerin beim Tippen über die Schulter geschaut hätte. Und erzählt dann in knapp 40.000 Zeichen 16 Jahre Angela Merkel und ihren Regierungsstil.“

Bundestagspräsidentin Bas gratulierte den Preisträgerinnen. Zugleich würdigte sie alle nominierten Beiträge dafür, dass sie die Arbeit im Deutschen Bundestag kritisch hinterfragten: „Wie gut fühlen sich die Menschen vertreten? Wie kann sich unser Parlament weiterentwickeln? Welche Abläufe gehören auf den Prüfstand? Für die parlamentarische Demokratie ist diese Reflexion unverzichtbar.“ 

In diesem Zusammenhang unterstrich Bas die Bedeutung der Vielfalt der Medien: „Presse, Rundfunk und Onlinejournalismus sowie private und öffentlich-rechtliche Medien, diese Medienvielfalt ist sehr wertvoll für unsere Demokratie. Und sie muss uns auch etwas wert sein.“

Der seit 1993 vergebene und mit 5.000 Euro dotierte Medienpreis Parlament des Deutschen Bundestages würdigt herausragende publizistische Arbeiten, die zur Beschäftigung mit Fragen des Parlamentarismus anregen und zu einem vertieften Verständnis parlamentarischer Abläufe, Arbeitsweisen und Themen beitragen. Eine unabhängige Jury, die aus sieben Journalistinnen und Journalisten besteht, trifft im Auftrag der Präsidentin die Auswahlentscheidung. Ihre Arbeit endet mit der Legislaturperiode. Eine neue Jury wird jeweils zu Beginn einer Legislaturperiode von der Bundestagspräsidentin ernannt.

Weitere Informationen zum Medienpreis Parlament finden Sie unter www.bundestag.de/medienpreis

(Quelle: bundestag.de/medienpreis, 12.10.2022)

 

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