VBZV-Newsletter 19/2019

 

 

I. Auszeichnungen 

Theodor-Wolff-Preise 2019: Daniel Schulz, Gregor Peter Schmitz, Maris Hubschmid, Marius Buhl und Andrian Kreye als Autoren ausgezeichnet – Michael Jürgs für sein Lebenswerk geehrt 

In der vergangenen Woche, am 26. Juni 2019, wurde in Berlin der Theodor-Wolff-Preis 2019 vergeben. 

Den Preis in der Kategorie Meinung überregional erhielt Daniel Schulz (taz – die tageszeitung) für „Wir waren wie Brüder“. Die Geschichte des Autors über sein Aufwachsen in Ostdeutschland und die teils tief verankerten rechten Strukturen in der Gesellschaft sei „ein relevanter, tiefgründiger archäologischer Text unserer Zeit“, befand die Jury.

In der Kategorie Reportage lokal entschied sich die Jury für Maris Hubschmid (Der Tagesspiegel) und ihre Reportage „Bis zum letzten Tropfen“.  Hubschmid erhält den Preis für ihre „ebenso empathisch wie stilistisch vorzüglich erzählte Geschichte“ über ein Heim für alkoholkranke Männer in Berlin.

In der Kategorie Meinung lokal ging die Würdigung an Gregor Peter Schmitz (Augsburger Allgemeine) für „Heimat-Schutz“. Aus Sicht der Jury hat der Autor das Stadt-Land-Gefälle und die daraus entstehenden Vorurteile anschaulich geschildert und sich „zum Anwalt der Menschen in der Provinz gemacht“.

Siegreich in der Kategorie Reportage überregional ist Marius Buhl (SZ-Magazin) für „Bis zum Letzten“. Der Autor habe durch seine Beschäftigung mit den langsamsten und letzten Mitläufern eines Marathons „die Perspektive genial umgedreht“, so die Jury.

Preisträger beim Jury-Thema des Jahres „Welt im Umbruch – Demokratie in Gefahr?“ ist Andrian Kreye (Süddeutsche Zeitung) für „Berührungspunkte“. Der Jury gefiel besonders der betont unaufgeregte und damit untypische Zugriff auf das Thema Künstliche Intelligenz.

Damit wurden drei Autoren ausgezeichnet, die für VBZV-Mitgliedsverlage schreiben.

Den Theodor-Wolff-Preis für das Lebenswerk nicht selbst entgegen nehmen konnte der schwer erkrankte Journalist Michael Jürgs. Er musste die Teilnahme kurzfristig absagen und schrieb in seinen von BDZV-Präsident Dr. Mathias Döpfner verlesenen Dankesworten: „Ich hätte Sie alle, euch alle, gern noch mal gesehen. Ging leider nicht.“ Zugleich fordert Jürgs Aktion ein: „Die Umschreibung unseres geliebten Berufes als vierte Macht war mir stets zu martialisch. Jetzt aber, in Zeiten, da Barbaren unsere Zivilgesellschaft attackieren und vor Mord nicht zurückschrecken, ist es der passende Begriff. Den Feinden der Demokratie, auf der Straße oder im Netz, ist zu begegnen mit aller Macht des Staates, aber auch mit unseren eigenen Waffen - Wörtern und Worten. Die werden gelesen. Analog wie digital. Lokal wie regional wie überregional. Wir sind Volkes Stimme. Nicht die anderen. Und wir sind die Mehrheit.“

Jürgs‘ Studienkollege und Freund seit 56 Jahren, Prof. Dr. Michael Naumann, erster Kulturstaatsminister in Deutschland und heute Gründungsdirektor und Geschäftsführer der Barenboim-Said-Akademie Berlin, würdigte in seiner Laudatio den faszinierenden, bunten Lebensweg des „Ur-Journalisten“. Seinerzeit „Wunderkind des AZ-Feuilletons“ habe Jürgs beispielsweise entscheidend dazu beigetragen, den Grundgesetzkommentator Theodor Maunz als „Schreibtischtäter“ mit nazistischer Vergangenheit zu entlarven. „Jürgs‘ Stolz war unverkäuflich“, lobte Naumann den Freund mit Blick auf die furiose Episode als Chefredakteur beim „Stern“, die mit dem Rausschmiss des Journalisten endete. Fortan habe er Bücher geschrieben – unter anderem über Axel Springer und Romy Schneider – und Filme gedreht. Die Auszeichnung für das Lebenswerk komme „ein wenig zu spät, finde ich, aber gerade noch in womöglich letzter Minute“.

Ein Videomitschnitt der eindrucksvollen Veranstaltung, die im Berliner Radialsystem V stattfand, kann auf der Internetseite des BDZV unter bdzv.de abgerufen werden.

An der Ausschreibung hatten sich 438 Journalistinnen und Journalisten beteiligt. Die Preisträgerinnen und Preisträger sowie die Nominierten und ihre Beiträge werden auf der Website www.theodor-wolff-preis.de näher vorgestellt.  

Der Jury gehören an: Nikolaus Blome (Jury-Vorsitz, Stellvertretender Chefredakteur Bild und bild.de), Wolfgang Büscher (Ressortleiter Investigation/ Reportagen, Welt/ Welt am Sonntag), Stefanie Gollasch (Chefredakteurin von Wolfsburger Allgemeiner Zeitung, Peiner Allgemeiner Zeitung und Aller Zeitung), Christian Lindner (stellvertretender Chefredakteur Bild am Sonntag), Lorenz Maroldt (Chefredakteur Der Tagesspiegel),  Benjamin Piel(Chefredakteur Mindener Tageblatt), Annette Ramelsberger (Gerichtsreporterin Süddeutsche Zeitung), Anja Reich (Israel-Korrespondentin Berliner Zeitung) und Cordula von Wysocki (Chefredakteurin Kölnische Rundschau). Vorsitzender des Kuratoriums ist Helmut Heinen, Herausgeber der Kölnischen Rundschau.

Der Journalistenpreis der deutschen Zeitungen – Theodor-Wolff-Preis ist die renommierteste Auszeichnung, die die Zeitungsbranche zu vergeben hat. Sie wird vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) ausgeschrieben und erinnert an den langjährigen Chefredakteur des legendären „Berliner Tageblatts“, Theodor Wolff (1868 – 1943). Wolff musste 1933 vor den Nazis ins französische Exil fliehen, wurde dort verhaftet und der Gestapo ausgeliefert und starb 1943 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin.

(Quelle: BDZV)

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II. Aus den Verlagen

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) wächst weiter

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) konnte den Umsatz der Unternehmensgruppe im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018 auf 139,8 Millionen Euro (2017: 136,7) steigern. Das entspricht einem Wachstum von 2,3 Prozent. Der Umsatz der Kerngesellschaft dpa GmbH lag 2018 bei 93,0 Millionen Euro (2017: 93,6). Trotz eines leichten Umsatzrückgangs in der dpa GmbH konnte mit 1,5 Millionen Euro ein höherer Jahresüberschuss als im Vorjahr erwirtschaftet werden (2017: 1,2). 

Die Marktanteile von dpa im Zeitungsbereich sowie die Anzahl der Kunden im In- und Ausland konnten auf einem hohen Niveau gehalten werden. Während der Printmarkt sich weiterhin mit sinkenden Auflagen auseinandersetzen muss, konnte die dpa ihre Umsätze insbesondere im Bereich der digitalen Nachrichten, im Bereich der Business- und Kommunikationslösungen und im Bereich der individuellen Contenterstellung ausbauen. 

Einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Gruppe leisteten erneut die Tochtergesellschaften. So konnten insbesondere die news aktuell GmbH mit ihren Lösungen für PR-Abteilungen und -Agenturen, die picture alliance GmbH im Bildgeschäft und die dpa-infocom GmbH mit ihren Digitalprodukten hervorragende Ergebnisse erzielen. Die Unternehmensgruppe besteht aus der dpa GmbH, elf hundertprozentigen Tochtergesellschaften und zehn mehr- beziehungsweise minderheitlich gehaltenen Beteiligungen. 

Die Deutsche Presse-Agentur blickt auf ein Geschäftsjahr zurück, in dem zahlreiche strategische und zukunftweisende Entscheidungen getroffen wurden. Die Ernennung eines Chief Information Officers (CIO) hat die technologische Weiterentwicklung der dpa beschleunigt und Abstimmungsprozesse vereinfacht. Die Fusion der Global Media Services GmbH (gms) mit der dpa-infocom GmbH hat das Portfolio der dpa-Gruppe weiter vereinfacht. Mit der Übernahme der gesamten Anteile an der news aktuell (Schweiz) AG durch die dpa-Gruppe wurde verstärkt in das zukunftsweisende Geschäft mit PR-Dienstleistungen investiert.  

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) wurde 1949 gegründet und gehört zu den weltweit führenden unabhängigen Nachrichtenagenturen. dpa beliefert Medien, Unternehmen und Organisationen mit redaktionellen Angeboten. Dazu zählen Texte, Fotos, Videos, Grafiken, Hörfunkbeiträge und andere Formate. Als international tätige Agentur berichtet dpa in den vier Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch. Die Zahl der Beschäftigten lag im Konzern zu Jahresende bei 1.191, die an mehr als 150 Standorten im In- und Ausland arbeiten. Gesellschafter der dpa sind 179 deutsche Medienunternehmen. 

Dem dpa-Aufsichtsrat gehören aus VBZV-Mitgliedsverlagen neben dem Vorsitzenden des Gremiums, David Brandstätter, Main-Post, Würzburg, auch Dr. Laurent Fischer, Nordbayerischer Kurier, Bayreuth (Stellvertretender Vorsitzender) sowie Daniel Schöningh, Münchner Merkur/tz, an.

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Festakt „70 Jahre dpa“: Bundespräsident Steinmeier nennt unabhängige Medien Grundlage der Demokratie

dpa-Aufsichtsratsvorsitzender und Main-Post-Geschäftsführer David Brandstätter: „Die größte Garantie für die Unabhängigkeit der Agentur ist die Vielfalt ihrer Gesellschafter“

Anlässlich eines Festakts zum 70-jährigen Bestehen der Deutschen Presse-Agentur, der am 01. Juli 2019 in Berlin stattfand, nannte Bundespräsident Steinmeier unabhängige Medien eine Grundlage der Demokratie. Demokratie sei angewiesen auf Journalisten, die recherchieren, prüfen und analysieren, bevor sie Informationen veröffentlichen. Angesichts des Dauerfeuers von Nachrichten und „Fake News“ seien verlässliche Quellen wie die dpa unabdingbar.

Der Vorsitzende des dpa-Aufsichtsrats, Main-Post-Geschäftsführer David Brandstätter betonte anlässlich des Jubiläums, dass diese Unabhängigkeit das größte Pfund sei, mit dem die dpa wuchern könne. Ein großer Teil der weltweiten Nachrichtenagenturen staatlicher Einflussnahme ausgesetzt. Man kenne dies aus China, Russland oder der Türkei. Andere Agenturen wie zum Beispiel die französische Agence France-Presse (afp) erhielten staatliche Subventionen von bis zu 100 Millionen Euro im Jahr, so Brandstätter. Bei der dpa hingegen sei sogar satzungsgemäß geklärt, dass nicht mal ein Gesellschafter, mutmaßlich ein großer Medienkonzern, dominieren könne. Über maximal drei Prozent der Geschäftsanteile dürfe ein einzelner Anteilseigner verfügen. Brandstätter: "Die größte Garantie für die Unabhängigkeit der Agentur ist die Vielfalt ihrer Gesellschafter."

Videomitschnitt unter https://70.dpa.com

(Quelle: dpa, PM 01.07.2019; main-post.de, 04.07.2019)

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Neue Organisations- und Führungsstruktur im Verlag der Augsburger Allgemeinen

Rüdiger Hoebel, Stellvertretender Verlagsleiter und bisheriger Leiter des Werbemarkts beim Verlag der Augsburger Allgemeinen, wird in der Verlagsleitung künftig die neu geschaffene Position der strategischen Bereichsleitung übernehmen. Matthias Schmid, bislang Regionalverlagsleitung Nord, leitet zukünftig gesamtverantwortlich die lokalen Werbemärkte der Tageszeitung und Wochenzeitung “extra”. Christian Gulden verantwortet das Key Account Management, die nationalen Werbemärkte sowie das Beilagenmanagement in der neu geschaffenen Einheit „PD Media Sales“ (Nachfolgegesellschaft der Direktwerbung Bayern). Die neu strukturierte Abteilung „Marketing- und Sales-Service Augsburg“ wird unter die Leitung von Andreas Heinz und Christian Gulden gestellt. Neues Team in der Verlagsausbildung sind Thomas Seiler, Alexa Schäfer sowie Paul Bayerle. Jürgen Risinger übernimmt zudem die Teamleitung im Bereich Digital Services und unterstützt Martin Hoffmann im Digital-Segment.

(Quelle: PDV, PM 04.07.2019)

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III. Medienpolitik

Große Internet-Konzerne weiter im Visier der obersten Kartellbehörde

Bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichts des Bundeskartellamts für 2017/2018 erklärte der Präsident der Bundesbehörde, Andreas Mundt, dass die Internetwirtschaft weiter im Fokus der Kartellwächter steht: „Wir haben eine klare digitale Agenda. Gegenüber großen Internetplattformen verfolgen wir im Wesentlichen zwei Ziele: Wir wollen die Märkte für den Wettbewerb offenhalten und das Ausnutzen von Marktmacht gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern verhindern“. 

Die Entscheidung der Behörde, die Sammlung persönlicher Daten durch Facebook zu begrenzen, habe eine unmittelbar den Verbraucher schützende Komponente. Wettbewerber, die nicht den gleichen Datenzugang haben wie Facebook, sollen in Zukunft gestärkt werden. Das Verfahren gegen Amazon wegen seiner Geschäftsbedingungen gegenüber den auf dem Amazon Marketplace tätigen Händlern werde zum Schutz des Wettbewerbs weiter vorangetrieben. 

Im Frühjahr 2019 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Facebook abgeschlossen und dem Unternehmen Vorgaben gemacht, die Daten der Nutzer künftig nicht mehr aus verschiedenen Quellen sammeln und zusammenführen zu dürfen. Nachdem Facebook Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt hat, wird dazu im Laufe dieses Jahres eine erste Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf erwartet.

Aufgrund zahlreicher Beschwerden führt das Bundeskartellamt derzeit u.a. ein Verfahren gegen Amazon, um die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen von Amazon gegenüber den Händlern auf dem deutschen Marktplatz amazon.de zu überprüfen. Nach dem gemeinsam mit der Autorité de la concurrence, der französischen Schwesterbehörde des Bundeskartellamtes, erarbeiteten Papier zum Thema „Big Data im Wettbewerbsrecht“ erarbeiten beide Behörden derzeit gemeinsam ein weiteres Papier zum Thema „Bedeutung von Algorithmen im Wettbewerbsrecht“. Eine Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes zum Thema Online-Werbung soll ein besseres Verständnis der digitalen Werbemärkte ermöglichen.

Im Sommer 2017 hat der Gesetzgeber dem Bundeskartellamt erste Kompetenzen für einen behördlichen Verbraucherschutz eingeräumt. Die Behörde kann Untersuchungen einleiten. Eingriffsmöglichkeiten auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind dem Bundeskartellamt für diesen Bereich hingegen bislang nicht übertragen worden. 

(Quelle: Bundeskartellamt, PM 27.06.2019; FAZ, 02.07.2019; SZ, 28.07.2019)

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Bußgeldbescheid gegen Facebook wegen Verstoß gegen NetzDG

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat einen Bußgeldbescheid in Höhe von zwei Millionen Euro gegen die Facebook Ireland Limited erlas­sen.  Das Unternehmen hat bei der Veröffentlichung des Transparenzberichts über das 1. Halbjahr 2018 gegen die Vorgaben des Netzwerk­durchsetzungsgesetzes (NetzDG) verstoßen. Das BfJ rügt insbesondere, dass im veröffent­lichten Bericht die Anzahl der eingegangenen Beschwerden über rechts­widrige Inhalte unvollständig ist. Dadurch entstehe in der Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild über das Ausmaß rechtswidriger Inhalte und die Art und Weise, wie das soziale Netzwerk mit ihnen umgeht.

Gemäß § 2 Absatz 1 NetzDG sind Anbieter wie Facebook seit dem 1. Januar 2018 verpflichtet, halbjährlich einen deutschsprachigen Bericht über den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte zu erstellen und im Bundesanzeiger sowie auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen. 

In seinem ersten Transparenzbericht führte Facebook jedoch nur einen Bruchteil der Beschwerden über rechtswidrige Inhalte auf: Facebook hat zwei Meldewege für Beschwerden eingerichtet, nämlich einen Flagging-Meldeweg und ein sogenanntes NetzDG-Meldeformular. Nutzer, die eine Beschwerde über einen strafbaren Inhalt im Sinne des NetzDG einreichen wollen, werden auf den Flagging-Meldeweg gelenkt, da das Nebeneinander von Flagging-Meldeweg und NetzDG-Formular bei Facebook nicht ausreichend trans­parent und das NetzDG-Formular zu versteckt ist. 

Das BfJ geht davon aus, dass die Anzahl der über den weithin bekannten Flagging-Meldeweg eingegangenen Beschwerden beachtlich und die Darstellung im veröffentlichten Bericht insofern unvollständig ist.

Rückschlüsse auf eine hohe Anzahl von Meldungen über rechtswidrige Inhalte ergeben sich insbesondere aus Facebooks Commu­nity Standard Enforcement Report. Die vom Community Standard umfassten Sachverhalte betreffen in einer Vielzahl von Fällen auch rechtswidrige Inhalte im Sinne des NetzDG. Wenn soziale Netzwerke mehrere Meldewege vorhalten, müssen diese für die Nutzer­innen und Nutzer transparent und eindeutig sein und dortige Eingänge grundsätzlich im Transparenzbericht abgebildet werden. Denn die Auswirkungen auf die Transparenz der Verfahren zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte sind erheblich.

Die unvollständige Beschwerdeanzahl betrifft ebenfalls die Aussagekraft der Aufschlüsselung der Beschwerden nach ergriffenen Maßnahmen (§ 2 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 7 NetzDG). Auch diese ist unvollständig, da der Bericht nicht alle Beschwerden über rechtswidrige Inhalte darstellt, welche im Berichtszeitraum zu einer Löschung oder Sperrung führten. Die gesetzgeberisch beab­sichtigten Aussagen zur Effizienz des Beschwerdeverfahrens sind aufgrund der unvollständigen Beschwerdezahlen somit nicht möglich.

Der veröffentlichte Transparenzbericht ist darüber hinaus im Hinblick auf die Angaben zur Organisation, zur sprachlichen Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie zu den Schulungen der für die Bearbeitung von Beschwerden zuständigen Personen (§ 2 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 4 NetzDG) nicht vollständig. Die veröffentlichten Angaben ergeben kein schlüssiges, transpa­rentes Bild der Organisation und der Prozessabläufe beim Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte.

Außerdem wird Facebook vorgeworfen, hinsichtlich der auf die Beschwerden ergangenen Rückmeldungen (§ 2 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 9 NetzDG) einen unrichtigen Bericht erstellt zu haben. Denn die Ausführungen zu den Benachrichtigungen an die Beschwerdeführer und Nutzer lassen keine Rückschlüsse zu, ob diese eine Begründung der Entscheidung über den gemeldeten Inhalt enthalten.

Bemängelt wird außerdem, dass das Meldeformular für Beschwerden über rechtswidrige Inhalte „zu versteckt“ sei. Der Bußgeldbescheid ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil Facebook Einspruch dagegen einlegen kann.

Vor zwei Jahren hatte der Bundestag das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet, mit dem Internet-Plattformen zu einem härteren Vorgehen gegen Hass, Hetze und Terror-Propaganda verpflichtet werden. Klar strafbare Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht werden, auf Nutzerbeschwerden soll nach spätestens 48 Stunden reagiert werden. 

(Quelle: BfJ, P; 03.07.2019; FAZ. 3.7.2019; SZ, 03.07.2019)

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